Alle zwei Jahre wieder: ein Fußball-Event.

Die EM läuft nun seit Freitag und das Land ist gespannt, wie weit das deutsche Team kommen wird. Reicht es für das Finale oder sogar den Europameistertitel?
Die Euphorie ist groß, auch wenn es gefühlt viel weniger Fahnen und aufgeregte Mitbürger gibt. Die Massenansammlungen beim “Public Viewing” bleiben konstant überwältigend: In Berlin zwischen Siegessäule und Brandenburger Tor waren über 400.000 Menschen beim Deutschland-Spiel gegen Portugal, in Köln immerhin 30.000 Menschen bei weit kleinerem Gelände.

Nicht jeder ist ein Fan von “Public Viewing”, “Schland” und „Fußball = Party“. Lest hier in humoristischer Form, warum ich (und auch viele andere Fußballfans) eine gewisse Abneigung eines solchen „Events“ gegenüber verspüre und wie ich damit umgehe.

Ich persönlich bin noch nicht in EM-Stimmung, vor allem wegen des miesen Wetters.
Mich stören aber auch diese Mitmenschen (ich nenne sie “Schlandis”), die sich von oben bis unten mit “schwarz-rot-geilen” Sachen einkleiden und anmalen und sich beschweren, warum Fußball denn eigentlich nur alle zwei Jahre (EM und WM) stattfindet. Wäre es möglich, dass es außer der Nationalmannschaft auch noch Vereinsfußball auf Profi-, Amateur- und Jugendebene gibt? Hmm, fast undenkbar, da doch nur alle zwei Jahre diese tollen „Public Viewings“ stattfinden, wo man schön Bier trinken kann, zu Schlagermusik schunkelt und zusammen mit seinem Nebenmann und der Nebenfrau über die Namen der Nationalspieler rätselt. Von diesem Hype, der alle zwei Jahre ausbricht reicht es mir schon jetzt wieder. Für mich ist Fußball einfach ein Sport, der erstens Spaß macht ihn zu spielen und zweitens Spaß und Kummer bereitet, wenn man mit einer Mannschaft mitleidet. Wobei mitleiden nicht bedeutet, dass man vor dem Fernseher oder der Großbildleinwand sitzt, sondern im heimischen und auswärtigen Stadion dabei ist und die eigene Mannschaft unterstützt. Das Feierpublikum, welches die derzeitige Generation in großen Teilen sowieso beherrscht wird von Medien und Umfeld angestachelt zu feiern, egal wie die Spiele ausgehen und egal, wer überhaupt spielt.

Jeder Discounter springt auf die Welle mit auf, dass sie Fußballfanartikel anbieten, extra Wurst in Fußballform oder mit sämtlichen Varianten von Gewinnspielen wie Fußballrubbellosen locken. Ist natürlich logisch, aber eigentlich auch marketingrechtlich nicht ganz einwandfrei. Auch private Vertreiber von selbst erstellten Fanartikeln sollten aufpassen, was darauf zu sehen ist, sonst kann schnell eine Abmahnung im Briefkasten liegen.

Mich stören nicht nur die Schlandis, sondern auch kann ich mich nicht wirklich mit dem deutschen Team identifizieren. Es gibt kaum einen Spieler, der einmal über die Stränge schlägt oder eine ordentliche Grätsche auspackt um das Team wachzurütteln. Der Kader wurde seit Jahren von Klinsmann und Jogi & Team weichgespült, sodass bis auf Podolski (und mit Abstrichen Boateng) absolut gar keine auffälligen Typen mehr dabei sind. Wo sind die van Bommels, de Rossis, Pepes, Meireles‘ und Terrys oder Gattusos, Ballacks, Jones‘, Kevin-Prince Boatengs? Spieler wie Kevin-Prince Boateng (oder auch Jermaine Jones), den das deutsche Team aufgrund seiner Vielseitigkeit, Kreativität, Torgefährlichkeit, Kampfeskraft und Kreativität gut gebrauchen könnte wurden vom Trainerteam verkrault, sodass diese nun bei anderen Nationen Stammspieler sind. Mir ist durchaus klar, dass das Eventpublikum (ähnlich dem der Bayern-Fans) keine Spieler sehen möchte, die auch mal dazwischen hauen, denn ein Bubi wie Lahm oder Kroos wird natürlich viel lieber gesehen, denn die sind ja so lieb und trotzdem gut. Diese Spieler, die zwar nett, sympathisch und fußballerisch einwandfrei sind, schaffen für mich kein Interesse und keine Angriffspunkte, die sie interessant machen würden. Jeder Spieler wird heutzutage von einem (oder mehreren) Berater gecoacht, was den Umgang mit der Presse und das Auftreten neben dem Platz angeht. So wird das Fußballgeschäft – zumindest in Deutschland – sehr angenehm ruhig, aber gleichzeitig auch glatt und langweilig. Ich persönlich bin Fan von der frischen Art eines Marco Reus, vom Jungspund André Schürrle, vom kölschen Jungen Lukas Podolski, von der berliner Schnauze Jerôme Boateng und ein wenig auch vom ewig belächelten Mario Gomez.

Am Ende muss ich aber trotzdem sagen: Ich liebe diesen Sport und sehe mir, soweit möglich, jedes Spiel mit Freunden oder daheim an ruhigen und „Schlandi“-freien Orten an. Das heißt jedes Spiel! Denn für mich zählt der Sport und das Ereignis, dass jeden Tag zweimal live (interessanter) Fußball im Fernsehen läuft, wenn man schon nicht ins Stadion kann. Der interessierte Beobachter entdeckt neue Talente, hofft auf Neuverpflichtung einiger Spieler aus anderen Ländern für seine eigene Vereinsmannschaft und diskutiert selbstverständlich auch mit den mehreren Millionen Bundestraineranwärtern mit, welche Aufstellung für die deutsche Elf am besten geeignet wäre.
Spätestens nach dem Finale (01.07.) ist dieses Event/Spektakel/Fußballfest/diese EM vorbei und für die meisten uninteressant, sodass der Fußball für viele Event-Fans wieder vergessen wird und in zwei Jahren wieder samt Deutschlandperücke aus dem Schrank geholt wird.

Fußball ist und bleibt der schönste Sport der Welt.

Über tobi

Mein Name ist Tobi und ich komme aus der wunderschönen Fuggerstadt Augsburg in Bayern. Ich studiere an der Universität Augsburg auf Lehramt Hauptschule.